Potenziale und Möglichkeiten zur Vernetzung internetgestützter Fahrgemeinschaftenvermittlungen für regelmäßige Fahrten (Berufspendler)
Ausgangslage:
Die derzeitige Praxis von Pendlerservicesystemen (PSS) ist gekennzeichnet durch eine große Vielfalt an Systemen und eine starke Heterogenität des Angebots, die zu einer Vielzahl von Problemen führen. So erfolgte bisher keine systematische Einführung von PSS unter verkehrsplanerischen Gesichtspunkten, eine Integration von PSS in andere Auskunftssysteme z.B. des ÖV besteht nur teilweise.
Aufgrund verschiedenster Problemfelder sowie aktueller, bekannter Nutzerzahlen kann davon ausgegangen werden, dass das theoretische Potenzial des Konzepts durch seine derzeitige Umsetzung nicht voll ausgeschöpft wird.
Fragestellungen:
Die skizzierten Problembereiche bieten Anhaltspunkte für die inhaltliche Ausrichtung des Forschungsvorhabens. Als Themenschwerpunkte sind insbesondere zu nennen:
Realistischer Nutzen: Bis zu welchem Grad kann das hypothetische Potenzial von Pendlerservicesystemen tatsächlich realisiert werden? Was resultiert hieraus für ein Nutzen des Konzepts in individueller, verkehrlicher, ökologischer, volkswirtschaftlicher Sicht?
Integration: Wie können Fahrgemeinschaftsvermittlungssysteme als Baustein sowohl in nachfrageorientierten (Mobilitätsmanagement) als auch in angebotsseitigen (Verkehrssystemmanagement) Konzepten integriert werden?
Nutzungshemmnisse: Welches sind die zentralen Defizite der derzeitigen Situation und Umsetzung des Konzepts? Welche Hemmnisse von Seiten der Nutzer lassen sich identifizieren?
Standardisierung: Welche Mindestanforderungen an PSS können aus verkehrsplanerischer Sicht und aus Sicht der Nutzer formuliert werden? Wie lassen sich diese in ein Zertifizierungsverfahren umsetzen?
Vernetzung: Inwieweit kann durch eine Vernetzung der Systeme deren Effektivität erhöht werden? Wie kann eine entsprechende Schnittstelle definiert werden? Welche Systemarchitektur ist am besten geeignet?
Projektinhalte und -aufbau:
Betrachtungsgegenstand des Vorhabens sind im Schwerpunkt Fahrgemeinschaften im Berufsverkehr. Darüber hinaus werden im Rahmen des Projekts, wo sinnvoll, auch andere Wegezwecke in die Betrachtung einbezogen. Hinsichtlich einer möglichen Weiterentwicklung werden neben reinen Fahrgemeinschaftsvermittlungssystemen auch Systeme mit ähnlichen Zielsetzungen aus dem Bereich Paratransit (z.B. Trampersysteme, Mitfahrgelegenheiten) betrachtet. Verknüpfungen bestehen darüber hinaus insbesondere zu den Themenfeldern Mobilitätsmanagement, Verkehrssystemmanagement, Verkehrsinformationssysteme.
Das Projekt selbst verfolgt im Wesentlichen die folgenden vier Hauptziele:
1. Definition der Zielgruppe(n) von PSS und Aufzeigen des möglichen Potenzials und Nutzens von PSS durch die Analyse der Nachfrage in Abhängigkeit der raumstrukturellen Gegebenheiten.
2. Erarbeitung von Hinweisen zu Einsatzmöglichkeiten und -grenzen von PSS als integriertem Bestandteil von Verkehrskonzepten auf Basis einer Analyse der Anforderungen aus nachfrage- und angebotsorientierten Konzepten der Verkehrsplanung.
3. Formulierung von Ansätzen zur inhaltlichen und organisatorischen Weiterentwicklung des Konzepts sowie zentraler Mindestanforderungen als Grundlage für zukünftige Standards anhand der Analyse von Defiziten und Erfolgsfaktoren aktueller Systeme in Deutschland und im Ausland sowie der Nutzeranforderungen.
4. Entwurf eines Systemkonzepts zur Vernetzung von PSS auf Basis der Analyse unterschiedlicher Systemvarianten sowie Entwicklung einer technischen Schnittstelle.
Ergebnisse:
Im Projekt konnte herausgearbeitet werden, dass PSS erhebliche Nutzenpotenziale bieten, welche derzeit jedoch kaum genutzt werden. Eine verstärkte Kooperation der öffentlichen Akteure, die verkehrsplanerische Integration von PSS sowie eine Vernetzung der Systeme mit Ziel eines Dachportals stellen eine Möglichkeit dar, die Effektivität von PSS zu erhöhen. Dazu wurde im Rahmen eines ergänzenden „Proof of the Concept“ die prototypische Anwendung eines Metaportals zur Fahrgemeinschaftsvermittlung auf Basis der im Projekt entwickelten Schnittstellenspezifikation entwickelt und ebenfalls umgesetzt. Der Nutzen von PSS wurde im Rahmen einer ergänzenden standardisierten Bewertung (Standi) am Beispiel der „Region Frankfurt Rhein Main“ untersucht. Bei voller Ausschöpfung des ermittelten Potenzials ergeben sich sehr hohe volkswirtschaftliche Nutzen.
Laufzeit:
September 2009 bis März 2011
Projektpartner:
Institut für Stadtbauwesen und Stadtverkehr, RWTH Aachen University
momatec GmbH, Aachen
Praxispartner:
Geschäftsstelle der AG PPS (ivm GmbH, Frankfurt a.M.)
Bearbeiter am ISB:
Dipl.-Ing. André Bruns
Reyhaneh Farrokhikhiavi, M.A.
Dipl.-Ing. Rolf Schmidt