Methodik und Prozessgestaltung strategischer kommunaler Verkehrsplanungen : Anwendungsmöglichkeiten von systemdynamischen Modellen zur Bewertung kommunaler Verkehrsstrategien in der Planungspraxis
- Methodology and process design of strategic municipal traffic planning : applications of system dynamic models for the evaluation of municipal traffic strategies
Klönne, Marcus; Beckmann, Klaus J. (Thesis advisor)
Aachen : Publikationsserver der RWTH Aachen University (2008)
Doktorarbeit
Aachen, Techn. Hochsch., Diss., 2008
Kurzfassung
Im Rahmen strategischer kommunaler Verkehrsplanungen werden Wirkungsabschätzungen und Bewertungen geplanter verkehrlicher Maßnahmen durchgeführt, die die Grundlage für die Entscheidung über deren Umsetzung durch die politischen Entscheidungsträger bilden. Als problematisch ist dabei festzuhalten, dass mit den gebräuchlichen Verkehrsnachfrage- und Umlegungsmodellen Wirkungsabschätzungen lediglich für bauliche und betriebliche Maßnahmen im motorisierten Individualverkehr und im öffentlichen Personenverkehr durchgeführt werden können. Angebotsorientierte Maßnahmen, bspw. Maßnahmen im Rad- und Fußverkehr, können hingegen nur eingeschränkt abgebildet werden. Weiterhin können die Wirkungen unterschiedlicher Maßnahmen nur gesamthaft für ausgewählte Prognosezeitpunkte untersucht werden. Rückschlüsse auf den Einfluss einzelner Maßnahmen sowie Betrachtungen von Veränderungen im zeitlichen Verlauf sind nur mit hohem Aufwand möglich. Zusätzlich müssen die verantwortlichen Planer über die Bearbeitung fachlicher Aufgabenstellungen hinaus den Planungsprozess auch in der Form unterstützen, dass die Ergebnisse der Modellrechnungen anschaulich aufbereitet und präsentiert werden, um Missverständnisse und Unstimmigkeiten zwischen den Beteiligten zu vermeiden. Andernfalls können sich Probleme ergeben, die zu Verzögerungen oder gar einem Scheitern der Planungen führen. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird untersucht, inwieweit systemdynamische Modelle ein ergänzendes Planungsinstrument darstellen können, mit dem die gezeigten Defizite bei der Bearbeitung inhaltlicher Fragestellungen reduziert und Planungsergebnisse nachvollziehbar präsentiert werden können. Mit Hilfe eines systemdynamischen Modellansatzes, des Sensitivitätsmodells, wird hierfür ein Modell "Stadtverkehr" erarbeitet und exemplarisch eingesetzt. Die Ergebnisse der Modellsimulationen werden im Hinblick auf die damit möglichen Aussagen und Anwendungen in strategischen Planungsprozessen beurteilt. Es erfolgt ein Vergleich der Ergebnisse mit denjenigen Ergebnissen, die mit einem Verkehrsnachfrage- und Umlegungsmodell im Rahmen der Verkehrsentwicklungsplanung Düsseldorf erzielt wurden, und die Vor- und Nachteile beider Modelle werden diskutiert. Im Anschluss an die Modellanwendung und den Vergleich erfolgt eine schriftliche Befragung zur Methodik und Prozessgestaltung strategischer kommunaler Verkehrsplanungen. Die Ergebnisse der Befragung werden im Hinblick auf die Durchführung von Wirkungsabschätzungen und Bewertungen sowie die Gestaltung von Beteiligungsverfahren innerhalb strategischer Verkehrsplanungsprozesse ausgewertet. Aus den Ergebnissen der schriftlichen Befragung werden Anforderungen und Potenziale für eine Anwendung des Sensitivitätsmodells abgeleitet und im Rahmen von Interviews um Einschätzungen von Experten aus der Verkehrsplanungspraxis ergänzt. Die Ergebnisse der Arbeitsschritte zeigen deutliche Potenziale für den Einsatz systemdynamischer Modelle wie dem Sensitivitätsmodell im Rahmen strategischer Verkehrsplanungen. Der besondere Nutzen eines Modelleinsatzes ergibt sich bei der Bearbeitung inhaltlicher Fragestellungen, bei denen mit verhältnismäßig geringen Aufwendungen für den Modellaufbau relevante Wirkungszusammenhänge im Kontext kommunaler Verkehrsplanungen untersucht sowie Wirkungsspektren von Maßnahmenkombinationen qualitativ abgeschätzt werden können. Das Modell ermöglicht eine zeitlich dynamische Betrachtung von Systemveränderungen sowie die Wirkungsabschätzung von Maßnahmen, die mit gebräuchlichen Verkehrsmodellen nur eingeschränkt abgebildet werden können. In diesem Zusammenhang hat sich ein genereller Forschungsbedarf im Hinblick auf die Zusammenführung und Aufbereitung von Ergebnissen der Fachplanung als Entscheidungsgrundlage für die Verkehrspolitik gezeigt. Weitergehend ergibt sich ein Nutzen im Rahmen von Beteiligungsverfahren, bei denen mit dem Modell Maßnahmenwirkungen und Wirkungszusammenhänge anschaulich dargestellt werden können. Der Modelleinsatz dient dabei nicht der konkreten Vorhabenplanung sondern der Vorbereitung übergeordneter planerischer Vorgaben. Inwieweit eine Einbindung eines derartigen Modells als zusätzliches Instrument im Rahmen strategischer Verkehrsplanungsprozesse konkret erfolgen sollte und welche zeitlichen, personellen und finanziellen Aufwendungen hierfür berücksichtigt werden müssen, wurde im Rahmen der Arbeit nicht weitergehend behandelt. Für eine "erfolgreiche" Modellanwendung ist es jedoch grundsätzlich erforderlich, dass von den beteiligten Akteuren der Modelleinsatz als frühzeitiger Arbeitsschritt zur Gestaltung der Leitbild- und Zieldiskussion sowie zur qualitativen Vorabschätzung der Wirkungen gesamtstädtischer Verkehrsstrategien akzeptiert wird. Hierfür ist eine möglichst hohe Beteiligung der politischen Entscheidungsträger bei der Modellanwendung zu gewährleisten, um eine hohe Akzeptanz der Modellergebnisse und der daraus abgeleiteten Ziele und Strategien zu erzielen.
Einrichtungen
- Lehrstuhl und Institut für Stadtbauwesen und Stadtverkehr [313310]
Identifikationsnummern
- URN: urn:nbn:de:hbz:82-opus-22684
- RWTH PUBLICATIONS: RWTH-CONV-112602